Europa ohne digitale Grenzen

Die vorgestellte Strategie der EU-Kommission für einen digitalen Binnenmarkt bietet nach Ansicht des Digitalverbands BITKOM die historische Chance, die europäische IT- und Telekommunikationsbranche international wettbewerbsfähiger zu machen und zugleich die Einheit Europas voranzutreiben. „Die Digitalbranche kann Vorreiter für eine echte und umfassende europäische Wirtschaftspolitik werden. Es muss uns gelingen, dass Europa wieder Leitanbieter von und Leitnachfrager nach digitalen Technologien wird“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf.

„Ein digitaler Binnenmarkt ist für die europäischen Unternehmen und vor allem für die vielen innovativen Start-ups von zentraler Bedeutung. Er bietet die Chance, auf einem großen Heimatmarkt schneller zu wachsen und sich im globalen Wettbewerb auf Augenhöhe mit Wettbewerbern aus den USA oder China bewegen zu können.“ BITKOM ist mit mehr als 1.400 Direktmitgliedern, darunter mehr als 250 Start-ups, der größte Digitalverband Europas.

BITKOM begrüßt ausdrücklich die Kommissionspläne, technische und rechtliche Barrieren zu beseitigen um damit für freie Datenflüsse in Europa zu sorgen. „Nur wenn Daten grenzüberschreitend ausgetauscht werden können, können Anwendungen wie Cloud Computing, Big Data oder Industrie 4.0 in Europa erfolgreich sein“, so Kempf. Wichtig sei aber, diesen Überlegungen bereits bei den laufenden Verhandlungen zur Datenschutzgrundverordnung Rechnung zu tragen. Zugleich müssen die Grundlagen für leistungsfähige Breitbandnetze in Europa gelegt werden. Die von der EU-Kommission angestoßene Debatte über eine Überarbeitung der Telekommunikationsregulierung, um mehr Investitionen in die Netze anzuregen, komme daher genau zur richtigen Zeit.

Gerade für den digitalen Markt, in dem nationale Grenzen und große Distanzen keine Rolle spielen, würde die Harmonisierung des Rechtsrahmens nach Ansicht des BITKOM europäischen Unternehmen zusätzlichen Schub geben. So würde eine Vereinheitlichung der wichtigsten Verbraucherrechte den grenzüberschreitenden Onlinehandel sowohl für Verbraucher als auch für Händler deutlich attraktiver machen. „Gerade kleinere Online-Händler würden davon profitieren, wenn grundsätzlich das Recht des Händlerlandes gilt“, so Kempf. Auch die vorgesehene weitere Harmonisierung des Urheberrechts und eine Anpassung an die Erfordernisse des digitalen Zeitalters begrüßt der Digitalverband. Kempf: „Die neuen Regeln des Urheberrechts müssen einen fairen Ausgleich schaffen zwischen den Interessen der Rechteinhaber, der digitalen Dienstleister und der Verbraucher.“ Zugleich warnt BITKOM vor der Einführung eines Leistungsschutzrechts auf europäischer Ebene. „Das Leistungsschutzrecht ist nicht nur in Deutschland gescheitert. Es hat sich auch negativ auf viele kleinere Dienstleister und vor allem Start-ups ausgewirkt“, sagte Kempf. Beim Thema Geo-Blocking setzt BITKOM auf Anreize für marktgetriebene Lösungen, etwa durch vereinfachte Lizenzierung bei grenzüberschreitenden Angeboten.

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Die geplante Überarbeitung der Regeln für die Entfernung illegaler Inhalte aus Onlineangeboten ist nach Ansicht des BITKOM sinnvoll und zeitgemäß. Dabei müsse aber darauf geachtet werden, dass am bestehenden Grundprinzip der Nichthaftbarkeit von sogenannten Internetintermediären wie zum Beispiel Providern oder Hostern festgehalten wird. Auch eine vorschnelle Regulierung von Plattformen, die bisher Treiber von Innovation waren, dürfe es bei der Einführung eines Digitalen Binnenmarkts nicht geben. „Jedem regulatorischen Eingriff muss eine aufmerksame Analyse der Märkte, Geschäftsmodelle und möglicher Folgen vorausgehen“, mahnte Kempf.